Programmkino: Angèle und Tony

Rau, aber authentisch...

Soll das schon alles gewesen sein? Eine Zweckheirat ohne Gefühle? Eigentlich könnten Angèle und Tony mit dem Wenigen zufrieden sein, das eine solche Beziehung böte. Denn das Leben hat ihnen schon Schlimmeres beschert. Aber getreu dem alten Sponti-Spruch „Seid realistisch, verlangt das Unmögliche“ geht da noch was in Alix Delaportes großartig zurückgenommenem Spielfilmdebüt.

Das erste Mal treffen sich die haltlos wirkende Angèle (Clotilde Hesme) und der biedere Fischer Tony (Grégory Dagebois) wegen einer Kontaktanzeige. Tony kommt zu spät, denn er verspricht sich nichts von dem Treffen. Zu jung, zu hübsch und zu lebenslustig ist die 27-Jährige, als dass sie sich wirklich für den korpulenten, wortkargen Pragmatiker interessieren könnte. In der Tat hat Angèle nicht den Mann im Sinn, den sie mit schnellem Sex zu ködern versucht. Ihr geht es um die bürgerliche Existenz, das gesicherte Auskommen in geordneten Verhältnissen. Eine Heirat, so erfahren wir nach und nach, würde Angèles Chancen verbessern, ihren Sohn zurückzubekommen, der ihr wegen ihres kriminellen und unsteten Lebenswandels weggenommen wurde. Tony weist sie ab, aber Angèle nistet sich bei ihm ein, indem sie eine Stelle in dem kleinen Fischereibetrieb annimmt. Das kann nur so lange gut gehen, wie die Wahrheit über Angèles früheres Leben im Dunkeln bleibt.

Unter dem düsteren Himmel der Normandie spielt Angèle und Tony in einer rauen, karg-schönen Meereslandschaft. Wie die Lebensumstände, so auch die Menschen: verhärmt, hart, unverblümt. Aber genauso authentisch und geradlinig. Regisseurin Alix Delaporte scheint dieses Milieu gut zu kennen. Mit wenigen Strichen gelingen ihr komplexe Charakterzeichnungen, ohne dass die Porträtskizzen ins Klischee kippen. Schüler und Studenten bezahlen keinen Eintritt. Ab 19 Uhr gibt es wieder Sushi und Suppe.
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